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Klatschmohnblüten - Papaveris rhoeados flos
[Ph. Eur. 5. Ausgabe, Grundwerk 2005]

Stammpflanze: Papaver rhoeas L. / Klatsch-Mohn [Fam. Papaveraceae / Mohngewächse]. Synonyme: Keine gebräuchlich. Dt. Synonyme: Feldmohn, Feuermohn, Klatschmohn, Kleiner Mohn; Für die auffallende, in Deutschland weit verbreitete Pflanze existieren erwartungsgemäß hunderte ältere, meist regionale Bezeichnungen. Zu diesen zählen u. a. Allerleilust, Donnerrosen, Engelsblum, Fackel, Feldrose, Feuerblumen, Flammeblum(e), Hirnschnall, Katzenmagen, Klapprosen, Klatscher, Klatschrose, Knackblume, Kornmohn, Kornrosen, Krankenblomen, Mohnblumen, Paterblume, Pfaffe, Rotkraut, Schnappe, Schnellrosen, Stinkrose, Teufelsblume, Tintenblume, Wildmagen, Wolfskraut. Englisch: Copperrose, corn poppy, field poppy, Flanders poppy, headwark, knapbottle, redpoppy, Shirley poppy.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Im Zeitraum von Mai bis Juli blühende, 25 bis 90 cm hohe einjährige oder einjährig überwinternde Pflanze. Stengel aufrecht bis aufsteigend, verzweigt und stets beblättert, abstehend-steifhaarig. Laubblätter im Umriss länglich-lanzettlich, einfach bis doppelt fiederschnittig bis fiederspaltig, die oberen oft dreiteilig. Untere Blätter in den Stiel verschmälert und stark borstig behaart, obere Blätter sitzend. Blattrand grob eingeschnittenen bis scharf gesägt. Blüten meist nickend auf langen Stielen, die in den Achseln von Laubblättern entspringen und ebenfalls meist abstehend borstig behaart sind. Blütendurchmesser etwa 10 cm. Kelchblätter 2, grün, dicht abstehend borstig behaart, sofort nach dem Aufblühen der Blütenknospe abfallend. Kronblätter 4, rundlich und ganzrandig, selten auch gekerbt oder an der Spitze eingeschnitten, Durchmesser 2 bis 4 cm, Farbe leuchtend scharlachrot oder stark purpurrot, selten auch weiß oder violett, am Grund mit einem glänzenden, normalerweise weiß berandeten, tiefschwarz Fleck. Staubblätter zahlreich, mit dunklen, unverdickten, linealischen Staubfäden und blaugrünen, kurzen Staubbeuteln. Fruchtknoten verkehrt-eiförmig mit abgerundetem Grund. Kapselfrucht breit eiförmig, mit abgerundetem Grund, 1 bis 2 cm lang und 0,5 bis 1 cm breit. Narbenscheibe kurz, kegelförmig, mit 8 bis 12 Narbenstrahlen. Samen nierenförmig, dunkelbraun, netzig-grubig.

Verbreitung: Heimisch von den Azoren, Kanaren und Madeira über ganz Europa und das gesamte Mittelmeergebiet bis nach Afghanistan und Pakistan, eingeschleppt in Nordamerika, Australien und auf Neuseeland. In Deutschland bevorzugt anzutreffen auf kalkhaltigen Böden auf lehmigen, nährstoffreichen Äckern, an trockenen bis mäßig frischen Ruderalstellen wie Böschungen, Dämmen, Wegrändern, UmschlAPGlätzen, Brachen und Ödland. Vor allem im Flachland, im Gebirge seltener und im Lagen über 1000 m gänzlich fehlend.

Droge: Die getrockneten, ganzen oder fragmentierten Blütenblätter von Papaver rhoeas L.

Beschreibung der Droge: Ganze Blütenblätter (= Kronblätter) dunkelrot bis dunkelviolettbraun, sehr dünn, schlaff, runzelig, meist knäuelig zusammengefaltet und sich samtig anfühlend, breit oval, mit ganzem Rand. Länge ca. 6 cm, Breite 4 bis 6 cm, am Grund verschmälert und dort mit schwarzem Fleck. Weiterhin zu erkennen sind strahlenförmig angeordnete Gefäßbündel, die von der Basis ausgehen und in einem zusammenhängenden Bogen abschließen, dessen Abstand vom Rand stets identisch ist. Die geschnittene Droge ist durch mehrschichtig übereinander liegende, stark geknitterte und knäuelig eingerollte Kronblattstückchen gekennzeichnet. Wird diese in Wasser aufgeweicht, treten der schwarze Fleck am Grund der Kronblätter und die davon strahlig ausgehenden Nerven deutlich hervor.

Geruch und Geschmack: Geruch kaum wahrnehmbar, Geschmack leicht bitter und etwas schleimig.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Feldmohnblüten, Flattermohnblüten, Klappenrosenblüten, Klappermohnblüten, Klatschrosenblüten, Kornrosenblüten. Englisch: Corn poppy flowers, Corn poppy petals, Red poppy flowers, Red poppy petals. Lateinisch: Flores Papaveris, Flores Papaveris rhoeados (erratici, rubri, silvestris), Flores rhoeados, Flos rhoeados, Papaver rhoeados flos, Petala rhoeados.

Herkunft: Aus Wildsammlungen ost- und südosteuropäischer Länder (u. a. Albanien) sowie aus Marokko.

Gewinnung der Droge: Keine Daten verfügbar.

Inhaltsstoffe: Alkaloide: Gehalt 0,11 bis 0,12 %. Hauptalkaloid Rhoeadin (Gehalt ca. 0,06 %). Anthocyanglykoside: Hauptaglykon Cyanidin, Hauptvertreter Mecocyanin (= Cyanidin-3-sophorosid).

Wirkungen: Ergebnisse pharmakologischer Untersuchungen, in denen eine Wirksamkeit der Droge nachgewiesen wurde, sind nicht verfügbar.

Anwendungsgebiete: Abgesehen von der Nutzung als Hilfsstoff (sog. "Schönungsdroge") in Teemischungen wird die Droge infolge fehlender Wirksamkeitsnachweise ausschließlich in der Volksheilkunde angewendet (siehe nachfolgender Abschnitt).

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Gelegentlich bei Erkrankungen und Beschwerden im Bereich der Atemwege, bei Schlafstörungen sowie als beruhigendes und schmerzstillendes Mittel., Unruhe und Schmerzen sowie bei kleinen Kindern als Sirup gegen Husten und Heiserkeit. Wirksamkeitsbeweise für die beanspruchten Anwendungsgebieten fehlen.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt. Die Relevanz der gelegentlich in Kräuterbüchern genannten Vergiftungsfälle bei Kindern mit Erbrechen, Müdigkeit und Bauchschmerzen als Symptomen ist fraglich.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Zur Teebereitung werden 2 Teelöffel Droge mit kochendem Wasser übergossen und nach 10 Minuten durch ein Teesieb gegeben. Zur Schleimlösung bei Bronchialkatarrh wird zwei- bis dreimal täglich eine Tasse des ggf. mit Honig gesüßten Tees getrunken. Zur Herstellung des dunkelrot gefärbten Sirups werden 50 Teile fein zerschnittener Klatschmohnblüten mit 1 Teil Zitronensäure und 500 Teilen Wasser 4 Stunden lang unter häufigem Umrühren bei etwa 35 °C stehengelassen. Nach dem Auspressen wird zum Sieden erhitzt und filtriert. Anschließend wird mit Wasser auf 350 Teile ergänzt und mit Zucker auf 1000 Teile ergänzt.

Sonstige Verwendung: Auch im Haushalt Verwendung des Sirups als Farbkorrigenz sowie in Industrie/Technik der Blüten als Färbemittel.


Bilder:

Der Klatsch-Mohn zählt mit seinen großen roten Blüten zu den auffälligsten Pflanzen im mitteleuropäischen Landschaftsbild, zumal er häufig dichte Bestände ausbildet, die ganze Landstriche zieren (Abbildung links oben). Die Blätter sind einfach bis doppelt fiederschnittig bis fiederspaltig mit fast bis zum Grund geteilten Fiedern (Abbildung links unten). Besonders auffällig ist die abstehende Behaarung, die besonders gut zu beobachten sind am Stengel und an den zwei Kelchblättern, die sofort nach dem Aufblühen abfallen (Abbildung rechts oben). Die vier Kronblätter sind leuchtend scharlachrot oder stark purpurrot und besitzen einen schwarzen Fleck am Grund, der vorne einen charakteristischen weißen Rand besitzt (Abbildung rechts unten). Ein weiteres sicheres Erkennungsmerkmal der Art sind die Narbenstrahlen, deren Anzahl mindestens 8 betragen muss (im Durchschnitt 8 bis 12, manchmal aber auch bis 15, wie das Foto rechts unten deutlich zeigt).


Literatur: Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, 2. Nachtrag sowie 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Teuscher E, Lindequist U, Biogene Gifte, Akademie-Verlag, Berlin 1988; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke