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Teufelskrallenwurzel - Harpagophyti radix
[Ph. Eur. 7.0 (01/2011:1095)]

Stammpflanzen: Harpagophytum procumbens (BURCH.) DC. ex MEISN. und Harpagophytum zeyheri DECNE. / Teufelskralle. Hinweis: Alle vorliegenden Daten zur Wirksamkeit der Droge wurden mit von H. procumbens gewonnener Teufelskrallenwuzel erzielt. Aus diesem Grund beziehen sich sämtliche der nachfolgenden Angaben auf H. procumbens. [Fam. Pedaliaceae / Pedaliagewächse]. Synonyme: Harpagophytum burcherllii DECNE., Uncaria procumbens BURCH. (von H. procumbens). Dt. Synonyme: Afrikanische Teufelskralle, Teufelskralle, Trampelklette; Englisch: Devils claw, grapple plant, wool spider.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Mehrjährige, niederliegende, krautige Pflanze mit weit verzweigten Wurzelsystem. Dieses besteht aus einer dicken Primärwurzel und Seitenwurzeln. Während der Trockenzeit sterben die oberirdischen Teile der Pflanze ab. Das Überleben wird gesichert durch knollenförmige Sekundärwurzeln, die sich in einer Tiefe von 30 bis 100 cm befinden und 10 bis 20 cm lang und bis 6 cm dick sind. Die Triebe der Pflanze sind 1 bis 1,5 m lang, überwiegend einfach, zuweilen aber auch verzweigt. Die Blätter sind gegenständig angeordnet, am Ende der Triebe teilweise auch wechselständig, graugrün gefärbt, kurz gestielt und unregelmäßig tief gelappt. Die einzeln stehenden, in den Blattachseln entspringenden, kurz gestielten Blüten sind violett gefärbt, manchmal auch gelb, trichterförmig und mit ihrer Länge von 4 bis 6 cm auffallend groß. Charakteristischstes und zugleich für die Namensgebung verantwortliches Merkmal sind die Früchte, bei denen es sich aus botanischer Sicht um Kapseln handelt. Sie sind 7 bis 20 cm lang, stark verholzt und mit armartigen, verzweigten Auswüchsen versehen, welche kräftige, ankerartige Haken tragen (auch bezeichnet als Trampelkletten). In jeder Frucht befinden sich etwa 50 dunkelfarbige, längliche Samen.

Verbreitung: In sandigen, an die Wüste Kalahari grenzenden Steppenregionen Zimbabwes, Botswanas und Namibias sowie der südafrikanischen Staaten Cape Province, Orange Free State und Transvaal. Besiedelt lichte Stellen der Baumsavanne. Ebenfalls an Orten, an denen die natürliche Vegetation der Savannen und Grasländer durch menschliche Eingriffe gestört ist wie z. B. Wegränder.

Droge: Die geschnittenen, getrockneten, knollenförmigen, sekundären Wurzeln von Harpagophytum procumbens DC., und/oder H. zeyheri L. DECNE, die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an Harpagosid von 1,2 Prozent aufweisen (bestimmt mittels HPLC).

Beschreibung der Droge: Dicke, fächerförmige oder runde, bis 2 cm große Stücken oder grob zerkleinerte Scheiben. Die dunkle Außenseite ist mit gewundenen, länglichen Runzeln versehen, die Bruchflächen sind glatt, hornartig und hellgrau bis weißlich. Die Oberfläche der Schnittstellen zeigt eine dunkle Kambiumzone und deutlich radial ausgerichtete Reihen von Xylembündeln. Der Zentralzylinder weist eine feine, konzentrische Streifung auf. Beim Betrachten mit der Lupe müssen auf der Oberfläche der Schnittstellen gelbe bis bräunlich rote Körner erkennbar sein.

Geruch und Geschmack: Nahezu geruchlos. Geschmack mäßig bis stark bitter und etwas süßlich.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Afrikanische Teufelskrallenwurzel, Südafrikanische Teufelskrallenwurzel. Englisch: devil's claw, harpago. Lateinisch: Radix Harpagophyti; Tubera Harpagophyti.

Herkunft: Namibia, Südafrika. Die Droge stammt bis heute zum größten Teil aus der Sammlung aus Wildvorkommen. Infolge der in den zurückliegenden Jahren drastisch gestiegenen Bedeutung der Droge wurde mit der Inkulturnahme begonnen, so dass bereits aus dem Anbau stammende Droge verfügbar ist.

Gewinnung der Droge: Die Wurzeln werden nach der Ernte zerkleinert und anschließend an der Luft in der Sonne getrocknet (Trocknungsdauer etwa 3 Tage).

Inhaltsstoffe: Iridoidglykoside: Gehalt 1,1 bis 3,6 %. Hauptkomponente ist Harpagosid mit einem Gehalt von 0,5 bis 1,6 % (Mindestgehalt entspr. Pharm. Eur. 1,2 %). Weitere Iridoide sind Harpagid, 8-O-p-Cumaroylharpagid, Procumbid und 8-Cinnamoylmyoporosid. Phenylethanoidglykoside: Hauptsächlich Acteosid (= Kusagenin, Verbascosid) und Isoacteosid, ferner 6-Acetylacteosid, 2,6-Diacetylacteosid und ß-(3', 4'-Dihydroxyphenyl)ethyl- O-α-L-rhamnopyranosyl (1-->3)-ß- D-glucopyranosid. Flavonoide: Gehalt 0,018%. Flavone und Flavonole mit Fisetin, Kämpferid, Kämpferol und Luteolin als wichtigsten Aglykonen. Weitere Verbindungen: Große Mengen an wasserlöslichen Kohlenhydraten, darunter bis zu 46% Stachyose (Tetrasaccharid aus 2 Molekülen Galactose, Glucose und Fructose) sowie Raffinose, Saccharose und Glucose, ca. 1,2% Gummiharz, 0,03% ätherisches Öl, das vermutlich ein Nebenprodukt der Iridoidbiogenese darstellende Pagosid, die Diterpene (+)-8,11,13-Totaratrien-12,13-diol und (+)-8,11,13-Abietatrien-12-ol sowie geringe Mengen an Harpagochinon.

Wirkungen: Entsprechend der Monographie der Kommission E gilt eine appetitanregende, choleretische, antiphlogistische und schwach analgetische Wirksamkeit als gesichert. Teufelskrallenwurzel zählt zu der Gruppe von Drogen, die in den zurückliegenden Jahren am intensivsten untersucht wurden. Die dabei erzielten Ergebnisse sind zum Teil recht widersprüchlich. Dies könnte allerdings darauf zurückzuführen sein, dass die Untersuchungen an sehr unterschiedlichen Testmodellen bei gleichzeitiger Verwendung unterschiedlicher Extrakte (wässrig, wässrig-ethanolisch, reines Harpagosid) erfolgten. Wichtigstes aktuelles Anwendungsgebiet ist die unterstützende Therapie degenerativer Erkrankungen des Bewegungsapparates. Demzufolge stellt die Ermittlung des Wirkungsmechanismus der dieser Anwendung zugrunde liegenden Wirkung im Mittelpunkt pharmakologischer Untersuchungen. Diesbezüglich relevante nachgewiesene Wirkungen sind ein Eingriff in den Arachidonsäuremetabolismus mittels Hemmung der Thromboxanbiosynthese und der Cysteinyl-Leukotrien-Biosynthese durch harpagosidreiche Extrakte und reines Harpagosid sowie eine Hemmung der Lipoxygenase und eine selektive Hemmung der Cyclooxygenase 2. Des weiteren zeigte ein Trockenextrakt aus der Teufelskralle eine hemmende Wirkung auf Matrix-Metellaproteinasen (MMP), deren gesteigerte Produktion zu einem Abbau extrazellulärer Knorpelmatrix führt. Erklärt wird der Effekt durch eine Hemmung des Zytokins Interleukin-1ß, welches die Produktion der MMP stimuliert. Wässrige Extrakte sowie einzelne Verbindungen bewirkten eine Hemmung des Enzyms Leukozyten-Elastaste, einer Serin Proteinase, die in entzündeten Geweben gefunden wird und der Bedeutung im Rahmen entzündlicher Prozesse zugeschrieben wird. Die stärkste Enzymhemmung mit einer IC50 von 47 µg/ml zeigte dabei das 6'-O-Acetylacteosid.

Anwendungsgebiete: Appetitlosigkeit, dyspeptische Beschwerden, unterstützende Therapie degenerativer Erkrankungen des Bewegungsapparates einschließlich starker Rückenschmerzen. Neben den oben vorgestellten pharmakologischen Untersuchungen wurden mit verschiedenen Teufelskrallenextrakten /-produkten bislang auch etwa 20 klinische Studien durchgeführt, von denen infolge eines überwiegend mangelhaften Studiendesigns nur eine Studie aussagekräftige Schlussfolgerungen zulässt. Dabei zeigte sich eine mit nichtsteroidalen Analgetika vergleichbare Wirksamkeit des untersuchten Teufelskrallen-Präparats.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Traditionell in Südafrika als Tonikum und Mittel bei einer Vielzahl von Krankheiten wie z. B. Verdauungsbeschwerden, Appetitlosigkeit, Blutkrankheiten, Fieber und zur Linderung von Geburtsschmerzen, in Europa bei Stoffwechselerkrankungen, Arthritis, Gallen-, Leber-, Nieren- und Blasenleiden und Allergien. Äußerlich in Form der Salbe als Wundheilmittel, bei Geschwüren und Furunkeln. Die Wirksamkeit den zusätzlichen traditionellen Anwendungsgebieten ist nicht belegt.

Gegenanzeigen: Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre. Bei Gallensteinleiden darf die Anwendung nur mit ausdrücklicher Zustimmung eines Arzt erfolgen.

Unerwünschte Wirkungen: Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine bekannt. Allergische Reaktionen wurden bisher nur in einem einzigen Fall bei einer Person beobachtet, die durch ihre berufliche Tätigkeit kontinuierlich Kontakt mit den Inhaltsstoffen der Teufelskralle hatte.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Die empfohlene Tagesdosis beträgt bei Verwendung als appetitanregendes Mittel 1,5 g Droge, bei anderer Anwendung 4,5 g. Die Anwendung kann mittels eines selbst zubereiteten Tees oder mittels einer Reihe von Phytopharmaka erfolgen, die meist Trockenextrakte aus der Teufelskralle enthalten, die durch Extraktion mit Wasser-Ethanol-Gemischen gewonnen werden. Bei Verwendung von Fertigpräparaten ist darauf zu achten, dass diese einen Gehalt an Harpagosid aufweisen, durch den eine tägliche Zufuhr von mehr als 50 mg dieser Substanz gewährleistet wird (unbedingt nur in der Apotheke erhältliche Präparate verwenden!). Zur eigenständigen Teebereitung 4,5 g (etwa 1 Teelöffel) fein geschnittene oder grob gepulverte Droge mit 300 ml kochendem Wasser übergießen und nach 8 Stunden (!) bei Raumtemperatur durch ein Teesieb geben. Den Tee in 3 über den Tag verteilten Portionen einnehmen.

Sonstige Verwendung: In der Homöopathie Verwendung bei chronischem Rheumatismus.


Bilder:

Die Teufelskralle ist bereits anhand ihrer graugrünen, unregelmäßig tief gelappten Blätter und der großen, trichterförmigen, meist violett gefärbten Blüten gut zu identifizieren (Abbildung links). Noch charakteristischer sind allerdings die Früchte mit ihren armartigen Auswüchsen, die am Ende kräftige, ankerartige Haken tragen (im Foto rechts direkt unter der Blüte). Zur Drogengewinnung herangezogen werden die knollenförmigen Sekundärwurzeln, die sich in einer Tiefe von 30 bis 100 cm befinden (Abbildung unten) und der Pflanze als Speicherorgan zum Überbrücken der Trockenperiode dienen.


Literatur: Biegert C, Heide L, Evidenzbasierte Phytotherapie bei Schmerzen? Ein aktueller Überblick, Zeitschrift für Phytotherapie 25 (2004): 97-106; Boje K, Lechtenberg M, Nahrstedt A, Planta Med. 69 (2003): 820-825; Chrubasik S, Conradt C, Black A, The quality of clinical trials with Harpagophytum procumbens, Phytomedicine 10 (2003): 613-623; Chrubasik S, Thanner J, Künzel O, Conradt C, Black A, Pollak S, Comparison of outcome measures during treatment with proprietary Harpagophytum extract DoloteffinÒ in patients with pain in the lower back, knee or hip, Phytomedice 9 (2002): 181-194; Clarkson C, Campbell W, Smith P, In vitro antiplasmodial activity of abietane and totarane diterpenoids isolated from Harpagophytum procumbens (Devil's Claw), Planta Med. 69 (2003): 720-724; Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, 3. Nachtrag und 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Hänsel R, Sticher O, Steinegger E, Pharmakognosie - Phytopharmazie, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1999; Meyer EA, Pflanzliche Antirheumatika als Alternative, Naturheilpraxis 2003, Heft 7, 937-941; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 43 vom 02.03.1989 (Berichtigung 01.09.1990); Munkombwe NM, Acetylated phenolic glycosides from Harpagophytum procumbens, Phytochemistry 62 (2003): 1231-4; Schulze-Tanzil G, Hansen C, Shakibaei M, Arzneim.-Forsch./Drug Res. 54 (2004): 213-220; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; van Wyk BE, Wink C, Wink M, Handbuch der Arzneipflanzen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2004; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke