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Weidenröschenkraut - Epilobi herba

Stammpflanzen: Vor allem kleinblütige Arten der Gattung Epilobium L., insbesondere Epilobium parviflorum SCHREB. / Kleinblütiges Weidenröschen, E. montanum L. /Berg-Weidenröschen, E. roseum SCHREB. /Rosenrotes Weidenröschen und gelegentlich auch E. collinum C. C. GMEL. / Hügel-Weidenröschen [Fam. Onagraceae / Nachtkerzengewächse]. Synonyme: Epilobium parviflorum SCHREB. = E. molle LAM., E. pubescens ROTH, E. villosum CURT.; E. montanum = E. hypericifolium TAUSCH; E. collinum = E. carpetanum WILLK. Dt. Synonyme: Bach-Weidenröschen. Englisch: willowherb.

Hinweis: Neben den kleinblütigen Arten werden zuweilen auch großblütige Arten der Gattung in gleicher Weise verwendet. Hauptsächlich handelt es sich dabei um das Schmalblättrige Weidenröschen [Epilobium angustifolium L.]. Dieses enthält fast die gleichen Inhaltsstoffe wie die hier beschriebenen kleinblütigen Weidenröschen und wird ebenso verwendet. Darüber hinaus wird das Schmalblättrige Weidenröschen in der Volksheilkunde innerlich auch bei Magen- und Darmentzündungen sowie bei Schleimhautläsionen im Mund und äußerlich zur Verbesserung der Wundheilung verwendet. Für diese Anwendungsgebiete existieren aber ebenso wenig wie für die unten beschriebenen keine Wirksamkeitsbeweise.

Botanische Beschreibung der Stammpflanzen: Ausdauernde, aufrechte, 10 bis 80 cm  hohe Kräuter. Blätter gegenständig, bei E. parviflorum 3-7 cm lang, sitzend, entfernt schwach gezähnt, ebenso wie der Stengel abstehend behaart, bei E. montanum 4-7 cm lang und kurz (bis 3 mm) gestielt, bei E. collinum 1-4 cm lang und kurz (bis 3 mm) gestielt, bei E. roseum mit 0,5-2 cm langem Stiel, drüsig gezähnelt. Blüten rosa bis purpurn, nur bis etwa 1 cm groß, radiärsymmetrisch. Blütenhülle 4zählig, Staubblätter 8. Narbe entweder 4spaltig (E. parviflorum, E. montanum und E. collinum) oder keulig (E. roseum). Fruchtknoten unterständig, sehr lang und schmal, daher zur Blütezeit nur schwer vom Blütenstiel zu unterscheiden, zur Fruchtzeit etwas dicker werdend. Zur Reife springen die Kapselfrüchte an vier Seiten auf und geben braun bis schwarz gefärbte Samen frei, die auffällige Samenhaare tragen.

Verbreitung: Epilobium parviflorum: Kanarische Inseln, Azoren, Madeira, Marokko, Algerien, ganzes Europa, Vorderasien, gemäßigte Zone Asiens bis China.; E. montanum: Von Frankreich und Italien ost-/südostwärts über Mitteleuropa bis Sibirien, Syrien und Libanon.; E. roseum: Fast ganz Europa (fehlend nur im Nordwesten), Türkei, Libanon, Iran, ferner auch in Aserbaidschan und Xinjiang; E. collinum: Europa (außer Nordwesteuropa).

Droge: Die getrockneten, kurz vor oder während der Blüte gesammelten oberirdischen Teile der oben genannten Stammpflanzen.

Beschreibung der Droge: Quantitativ dominierend sind Stengelbruchstücke und Blattfragmente. Stengel 2 bis 5 mm dick, rundlich und längsrinnig, je nach drogenliefernder Art fein drüsig bis mäßig bis stark abstehend behaart. Ganze Blätter bis 7 cm lang und 3,5 cm breit, mit spärlicher bis deutlicher Behaarung sowie ganzem bis fein gezähntem Rand. Die in der Droge wenig auffallenden Blütenteile sind violett gefärbt, mit bis 7,5 mm langen Kron- und bis 4 mm langen, z. T. behaarten Kelchblättern. Die Früchte sind bis ca. 5,5 cm lange Kapseln, die im trockenen Zustand leicht aufspringen und die zahlreichen, etwa 0,5-2 mm langen, braun bis schwarz gefärbten Samen freigeben, die Haare besitzten.

Geruch und Geschmack: Geruch uncharakteristisch, Geschmack leicht zusammenziehend und etwas bitter.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Bach-Weidenröschen-Kraut. Englisch: Willow herb. Lateinisch: Herba Epilobii.

Herkunft: Sammlung aus Wildbeständen in Mitteleuropa. Weiterhin auch Importe aus Ost- und Südosteuropa.

Inhaltsstoffe: Flavonoide: Gehalt ca. 1,5% Flavonolglykoside. Wichtigste Aglykone sind Myricetin, Quercetin und Kämpferol. Gerbstoffe: Gehalt 4-14 %, besonders makrozyklische Ellagitannnine, daneben auch einfachere Gallussäurederivate. Phytosterole: Fast ausschließlich Derivate des ß-Sitosterols, Gehalt in Kraut von E. parviflorum ca. 0,55 % berechnet als ß-Sitosterol, darunter insbesondere Fettsäureester [u. a. Caprylsäure (8:0), Caprinsäure (10:0), Palmitinsäure (16:0) und Stearinsäure (18:0)] und einfache Glykoside (darunter ebenfalls mit Fettsäuren veresterte 3-O-Glucoside).
Wirkungen: Wirkungsnachweise bisher nicht für den Extrakt sondern nur für isolierte Inhaltsstoffe: Das Flavonoid Myricetin-3-O-glucuronid mit antiphlogistischer Wirkung und die makrozyklischen Ellagitannine Oenothein A und B mit Hemmwirkung auf die 5-alpha-Reduktase und die Aromatase. Beide Enzyme sind von großer Bedeutung für den Stoffwechsel von Steroidhormonen und vermutlich ebenfalls für die Entwicklung der benignen Prostatahyperplasie (BPH). Demgegenüber wurde ein klinischer Nachweis für die Wirksamkeit der Droge nicht erbracht.

Anwendungsgebiete: Ausschließlich in der Volksheilkunde verwendet. Indikationsgebiet sind Miktionsbeschwerden bei benigner Prostatahyperplasie (BPH). Die Wirksamkeit bei diesem Anwendungsgebiet ist nicht durch wissenschaftliche Studien belegt. Erfahrungsberichte zur erfolgreichen Verwendung sowie das Inhaltsstoffspektrum der Droge lassen jedoch positive Effekte erwarten.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.
Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.
Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Zur Teebereitung werden 1,5 bis 2,5 g fein geschnittene Droge (1 Teelöffel entspricht etwa 0,8 g Droge) mit kochendem Wasser übergossen und nach 10 Minuten durch ein Teesieb geben.


Bilder:
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Die zur Drogengewinnung herangezogenen Weidenröschen sind mehrjährige Kräuter, deren grüne Teile im Herbst absterben und im Frühjahr erneut den unterirdischen Überwinterungsorganen entspringen. Die Blätter der bis 80 cm hohen Pflanzen sind stets gegenständig angeordnet, unterscheiden sich aber ansonsten von Art zu Art sowohl in der Größe, im Vorhandensein eines Blattstiels, der Behaarung und in der Gestalt des Blattrands. Der Fruchtknoten ist unterständig und sehr schmal, so dass er leicht mit einem Blütenstiel verwechselt werden kann (Im Bestimmungsübungspraktikum können im Durchschnitt 4 von 5 Studenten den Fruchtknoten nicht erkennen!; linke Abbildung). Ein typisches Blütenmerkmal, welches zugleich ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal verschiedener Weidenröschen darstellt, ist die Narbe (rechte Abbildung E. montanum mit 4spaltiger Narbe). Zur Fruchtreife springen die langen Kapselfrüchte an 4 Kanten auf und geben zahlreiche Samen frei, die oft der Verbreitung dienende Haare besitzen (Abbildung unten; Die Abbildung zeigt mit E. hirsutum ein großblütiges Weidenröschen, welches nicht zur Drogengewinnung herangezogen wird).

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Literatur: Flora Europaea online database, Royal Botanic Garden Edinburgh; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN). [Online Database] National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Available: http://www.ars-grin.gov/cgi-bin/npgs/html/tax_search.pl?epilobium (24 September 2003); Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York; M. Wichtl (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002; R. Hänsel, O. Sticher, E. Steinegger, Pharmakognosie - Phytopharmazie, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1999; E. J. Jäger, K. Werner (Hrsg.), Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg-Berlin 2002.


© Thomas Schöpke