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Weißdornblätter mit Blüten - Crataegi folium cum flore
[Ph. Eur. 7.0 (01/2010: 1432)]

Stammpflanzen: Crataegus monogyna JACQ. / Eingriffliger Weißdorn, Crataegus laevigata (POIR.) DC. / Zweigriffliger Weißdorn, Crataegus pentagyna WALDST. et KIT. ex WILLD. / Fünfgriffliger Weißdorn, Crataegus nigra WALDST. et KIT. / Schwarzdorn und Crataegus azarolus L. / Welsche oder Italienische Mispel. [Fam. Rosaceae / Rosengewächse]. Synonyme: Crataegus monogyna: Crataegus apilfolia MEDIK. non MICHX., Crataegus. oxyacantha L. ssp. monogyna LEV., Mespilus elegans POIR., M. monogyna ALL., M. monogyna EHRH. Crataegus laevigata: Crataegus oxyacantha L. P. P. et AUCT., Crataegus oxyacantha L. ssp. polygyna LEV., Mespilus oxyacantha (GAERTN.) CRANTZ. Crataegus nigra: Crataegus melanocarpa BIEB. var. polyphylla LANGE, Mespilus nigra WILLD. Crataegus azarolus L.: Azarolus crataegoides BORKH., Crataegus marokkana PERS., Crataegus maura L. fil., Crataegus pontica KOCH, Mespilus azarolus SM., Mespilus azarolus WILLD. Dt. Synonyme: Crataegus monogyna: Einkern-Weißdorn, Weißdorn, Rotdorn für die rotblühende Varietät. Crataegus laevigata: Hag(e)dorn, Mehlbeerbaum, Mehldorn, Stumpf gelappter Weißdorn, Zweikern-Weißdorn. Crataegus nigra: Schwarzfrucht-Weißdorn. Englisch: Harthorne, Hawthorn, Hedge thorn, May thorn, White thorn.

Botanische Beschreibung der Stammpflanzen: Crataegus monogyna JACQ.: Bis 10 m hoher Strauch oder Baum. Sehr formenreich. Typisch sind die bis 35 mm langen, breit ei- oder rautenförmigen, am Grunde keilförmigen bis fast ganz gestutzten, drei- bis sieben- (neun-) lappigen Blätter, die mindestens bis zur Hälfte eingeschnitten sind; Blüten mit häufig behaartem Blütenstiel und einem Griffel; Frucht rot, fast kugelig, mit einem Steinkern. Crataegus laevigata (POIR.) DC.: Bis 12 m hoher Strauch oder Baum mit 6 bis 15 mm langen Dornen und bis 4 cm langen, spärlich behaarten oder kahlen, rundlich oder verkehrt-eiförmigen Blättern, die vorne drei- bis fünffach gelappt sind (Einschnitte niemals die Hälfte der Blätter überschreitend); Blüten in reichblütigen, aufrechten Doldenrispen, 8 bis 15 mm breit, mit 5 weißen oder rosafarbenen Kronblättern, zahlreichen (< 20) Staubblättern und 2 bis 3 (selten 1) Griffeln; Frucht rot, bis 12 mm lang, an der Spitze von den Resten der Kelchblätter gekrönt, mit 2 bis 3 Steinen. Crataegus pentagyna WALDST. et KIT. ex WILLD.: Bis 5 m hohe Pflanze mit wenigen, 1 cm langen Dornen und 2 bis 6 cm langen, rhombisch-breit eiförmigen Blättern mit 3 bis 5 ungleich gesägten Lappen; Blüten in 4 bis 7 cm breiten, grauzottigen Doldenrispen, 15 mm breit, mit grauzottigen Stielen und Achsenbecher; Früchte länglich, tief purpurrot und mit 4 bis 5 Fruchtfächern. Crataegus nigra WALDST. et KIT.: Bis 4 m hoher Strauch oder Baum mit stark weiß-filzig behaarten junge Trieben, die später verkahlen. Dornen recht kurz (max. 1 cm) und zahlreich. Blätter 5 bis 8 cm lang und 4 bis 7 cm breit, im Umriss eiförmig, tief fiederlappig bis fiederteilig, mit stumpfen bis spitzen, grob gesägten Lappen. Blüten zu 10 bis 14 in dicht weißwollig filzigen Blütenständen, mit 20 Staubblättern und 5 Griffeln. Früchte bis 1 cm dick, glänzend schwarz und etwas saftig. Crataegus azarolus L.: Bis 8 m hoher Strauch bzw. breit verasteter Baum mit anfangs mehr oder weniger dicht weiß-filzigen Zweigen, die später verkahlen. Kräftige, mehr als 1 cm lange Dornen, die bei Naturformen in unterschiedlicher Anzahl vorhanden sind, bei kultivierten Arten dagegen meist fehlen. Blätter mit filzig behaarten Stielen, Spreite 6 bis 7 cm lang und mit variabler Gestalt, von breit verkehrt-eiförmig bis fast rautenförmig, tief drei- bis siebenspaltig, an der Spitze mit wenigen großen Zähnen, sonst ganzrandig. Blütenstände dichtblütig und aufrecht, mehr oder weniger grau- bis weißfilzig. Blüten mit zottig-filzigen Kelch-, rundlichen Kron- und 20 Staubblättern sowie 2 bis 3 Griffeln. Früchte von Willexemplaren bis 2 cm im Durchmesser, bei Kulturformen bis 4 cm, kugelig, orange oder gelb, etwas behaart und essbar.

Verbreitung: C. monogyna auf allen Bodenarten, bevorzugt auf schweren, kalkreichen Lehmböden, in Gebüschen, Laubwäldern, Felsheiden, Hecken und an Zäunen in ganz Europa, östlich bis Sibirien, südöstlich bis zum Kaukasus, ferner im Himalaja, in Syrien und in Nordafrika, C. laevigata vorwiegend auf trockenen Böden in lichten Gebüschen und Laubwäldern in ganz Europa, im Norden bis Mittelskandinavien und Finnland, in Amerika kultiviert, C. pentagyna vom Balkan bis Nordpersien und über den Kaukasus bis Südsibirien, C. nigra in Zentral- und Südungarn, Bosnien, Herzegowina und Serbien, C. azarolus heimisch von Kreta bis Turkestan, jedoch kultiviert und verwildert im gesamten Mittelmeergebiet.

Droge: Die ganzen oder geschnittenen, getrockneten, Blüten tragenden Zweige von Crataegus monogyna JACQ., Crataegus laevigata (POIR.) DC. oder ihrer Hybriden, seltener von anderen europäischen Crataegus-Arten wie Crataegus pentagyna WALDST. et KIT. ex WILLD., Crataegus nigra WALDST. et KIT., Crataegus azarolus L., die einen Mindestgehalt an Flavonoiden von 1,5 Prozent aufweisen, berechnet als Hyperosid und bezogen auf die getrocknete Droge.

Beschreibung der Droge: Etwa 1 bis höchstens 2,5 mm dicke, dunkelbraune, holzige Stengelstücken, die in wechselständiger Anordnung gestielte Laubblätter mit kleinen, oft abgefallenen Nebenblättern und am Ende zahlreiche, zu Trugdolden angeordnete weiße Blüten tragen. Blätter mehr oder weniger stark gelappt und am Rande leicht bis kaum gesägt, Form abhängig von der Stammpflanze (s. oben), Oberseite dunkler grün bis bräunlichgrün, Unterseite heller graugrün. Blüten mit bräunlich-grünem Achsenbecher, der mit dem Fruchtknoten verwachsen ist. Dieser mit 1 bis 5 langen Griffeln und einer der Griffelzahl entsprechenden Anzahl an Fruchtknotenfächern.

Geruch und Geschmack: Geruch schwach, eigenartig, Geschmack süßlich bis leicht bitter, etwas zusammenziehend.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Hagedorn, Mehldorn, Weißheckendorn. Englisch: Hawthorn herb. Lateinisch: Folia Crataegi, Herba Crataegi cum floribus.

Herkunft: Verschiedene osteuropäische Länder, bsd. Bulgarien, Rumänien, Polen und Ungarn, sowie China.

Inhaltsstoffe: Mindestens (DAB 1999) 0,7 %, im Durchschnitt jedoch 1,8 % Flavonoide, bestehend aus Flavonen und Flavonolen mit Vitexin-2"-O-rhamnosid, Hyperosid, Rutin und Vitexin als Hauptkomponenten, mindestens 12 verschiedene Procyanidine, insgesamt etwa 2,4 %, darunter die dimeren Procyanidine A-2 und B-2. Als weitere Inhaltsstoffe u. a. verschiedene Phenolcarbonsäuren, ca. 0,6 % Triterpensäuren und biogene Amine.

Wirkungen und Wirkungsmechanismus: Weißdornextrakte bewirken eine Steigerung der Kontraktilität des Myokards (positiv inotrope Wirkung) und eine Erniedrigung des peripheren Gefäßwiderstandes (Nachlastsenkung). Diese Wirkungen gehen einher mit einer Erhöhung des Herzzeitvolumens und eine Zunahme der Herzleistung, eine Zunahme der Koronar- und Myokarddurchblutung, eine Erhöhung der Toleranz des Myokards gegenüber Sauerstoffmangel, eine Beeinflussung der Reizbildung und Erregungsleitung am Herzen (positiv chronotrope und dromotrope sowie negativ bathmotrope Wirkung). Die positiv inotrope Wirkung wird auf zellulärer Ebene auf einen gesteigerten Calciuminflux und eine vermehrte intrazelluläre Calciumfreisetzung zurückgeführt, während die Gefäßerweiterung wahrscheinlich auf einer Beeinflussung der kaliumionenabhängigen Calciumionenkanäle beruht. Diese Effekte beruhen auf molekularer Ebene wahrscheinlich auf Wechselwirkungen mit verschiedenen Enzymen (Hemmung der c-AMP-Phosphodiesterase und des Angiotensin Converting Enzyms), einem direkten oder indirekten ß-sympathomimetischen Effekts, der Beeinflussung der Synthese von Thromboxan (TXA2) und Prostacyclin (PGI2), der Hemmung des Komplementsystems sowie auf den antioxidativen und Radikalfängereigenschaften.

Anwendungsgebiete: Nachlassende Leistungsfähigkeit des Herzens entsprechend der Stadien I bis II nach NYHA. Noch nicht digitalisbedürftiges Altersherz. Druck- und Beklemmungsgefühl in der Herzgegend. Leichte Formen von Herzrhythmusstörungen. Bestehen die Krankheitssymptome unverändert über einen Zeitraum von sechs Wochen fort oder bei Ansammlungen von Wasser in den Beinen ist unbedingt ein Arzt zu konsultieren. Treten Schmerzen in der Herzgegend auf, die in die Arme, den Oberbauch oder in die Halsgegend ausstrahlen können, oder bei Atemnot ist unverzüglich eine ärztliche Untersuchung erforderlich.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Soweit keine andere Verordnung vorliegt, sollten Weißdornpräparate entsprechend einer mittleren tägliche Dosis eingenommen, die einer Gesamtmenge von 3,5 bis ca. 20 mg Flavonoiden bzw. 30 bis ca. 170 mg oligomeren Procyanidinen entspricht. Die Einnahme sollte möglichst in Form standardisierter Fertigpräparate erfolgen. Wird die Teebereitung vorgezogen, so wird 3- bis 4mal täglich eine Tasse des wie folgt hergestellten Teeaufgusses getrunken: Ein knapper Teelöffel voll (ca. 1,5 g) Weißdornblätter mit Blüten wird mit ca. 150 ml siedendem Wasser übergossen und 10 bis 15 min ziehen gelassen. Nach dieser Zeit kann bei Bedarf durch ein Teesieb filtriert werden.


Bilder:

Crataegus monogyna JACQ. (Eingriffligen Weißdorn): Links die ganze Pflanze zur Blütezeit an einem typischen Standort in Brandenburg, halbrechts die blühenden Zweige und rechts eine Nahaufnahme einer einzelnen Blüte.


Literatur: Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, 7. Nachtrag sowie 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Band 4, Drogen A-D, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1993; M. Wichtl (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 1997; G. Rohr, B. Meier, Crataegus - Pharmazeutische Qualität und Wirksamkeit, Deutsche Apotheker Ztg. 137: 3740 (1997); DAB 1999; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 133 vom 19.07.1994.


© Thomas Schöpke