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Schöllkraut - Chelidoni herba [Ph. Eur. 7.0 (01/2008: 1861; revidiert: 6.0)]

Stammpflanze: Chelidonium majus L. / Schöllkraut [Fam. Papaveraceae / Mohngewächse]. Synonyme: Chelidonium grandiflorum DC., Chelidonum haematodes MOENCH., Chelidonum japonicum THUNB., Chelidonum lactum MILL., Chelidonum luteum GILIB., Chelidonum murale REN., Chelidonum ruderale SALISB., Chelidonum umbellatum STOCK. Dt. Synonyme: Blutkraut, Gelbes Millkraut, Goldwurz, Schindkraut, Schwalbenwurz, Schwinnwart, Tüfelsmilch, Wulstkraut. Englisch: Greater Celandine, seltener Devil's Milk, Rock Poppy, Tetterwort, Wallow-wort.
Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Bis 1 m hoch werdende, ausdauernde Ruderalpflanze mit gelb gefärbtem Milchsaft, der in gegliederten Milchröhren vorliegt. Stengel aufrecht, stielrund und zerstreut abstehend behaart, Laubblätter gefiedert. Kelchblätter 2, sofort nach dem Aufblühen abfallend, 4 gelbe Kronblätter und zahlreiche Staubblätter. Der oberständige, längliche Fruchtknoten lässt bereits erkennen, dass sich aus ihm eine Schotenfrucht entwickeln wird.
Verbreitung: Europa sowie Mittel- und Nordasien
Droge: Die während der Blütezeit geernteten, getrockneten, ganzen oder geschnittenen oberirdischen Teile von Chelidonium majus L., die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an Alkaloiden von 0,6 Prozent aufweisen (berechnet als Chelidonin).
Beschreibung der Droge: Die Stengel sind gelblich bis grünlichbraun gefärbt, etwa 3 bis 7 mm dick, hohl und behaart. Die wechselständig angeordneten Laubblätter sind tief fiederspaltig bis unpaarig gefiedert. Die Blattspreiten sind sehr dünn und meist gefaltet. Die Oberseite ist matt blaugrün, die Unterseite hell graugrün mit dunkler Netznervatur. Die Blüten sind in lockeren, wenigblütigen Trugdolden angeordnet. Die 2 Kelchblätter sind meist abgefallen, so dass die Blüten nur aus den 4 gelben, etwa 8 bis 10 mm langen und breit eiförmigen Kronblättern, zahlreichen Staubblättern und dem länglichen, oberständigen Fruchtknoten bestehen. Selten finden sich in der Droge auch die langen, dunklen, zwischen den Samen leicht eingeschnürten Schoten. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet durch Laubblattstücke, hohle, meist zusammengedrückte Stengelstücke, Teile der meist zusammengefalteten, gelbbraunen Blüten, Teile der Früchte und einzelne Samen.
Geruch und Geschmack: Eigentümlich widerlicher Geruch und brennend scharfer und bitterer Geschmack.
Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Schwalbenkraut. Englisch: Great Celandine, Greater Celandine, Herbs of Celandine Poppy, Prickled Poppy Herb, Tetterwort. Lateinisch: Herba Chelidonii, Herba Chelidonii majoris.
Herkunft: Wildvorkommen osteuropäischer Länder oder aus dem Anbau in Polen.
Inhaltsstoffe: Alkaloide: Gehalt je nach Herkunft und Trocknungsbedingungen 0,01-1,0%. Gemisch aus ca. 30 verschiedenen Verbindungen vom Benzophenanthridin-Typ, insb. Coptisin, Chelidonin, Berberin und Chelerythrin. Weitere Bestandteile: Vor allem verschiedene Pflanzensäuren, darunter insbesondere Chelidonsäure, Citronensäure, Äpfelsäure und Bernsteinsäure.
Wirkungen: Spasmolytisch am oberen Verdauungstrakt und cholagog. Die spasmolytische Wirkung gilt seit längerer Zeit als die ausreichend gesicherte pharmakologische Hauptwirkung. Sie wurde bereits in älteren Quellen nachgewiesen sowie ferner durch eine Reihe neuerer Arbeiten abgesichert, bei denen sowohl der spasmolytische Effekt von Schöllkrautextrakten als auch einzelnen Komponenten nachgewiesen wurde. Der sicherere Nachweis der cholagogen Wirksamkeit von Schöllkraut gelang erst in den zu-rückliegenden Jahren. Weiterhin wurden antimikrobielle, antivirale und antitumorale Effekte sowie eine Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System und das Zentralnervensystem nachgewiesen, die jedoch ohne klinische Relevanz sind.
Anwendungsgebiete: Krampfartige Beschwerden im Bereich der Gallenwege und des Magen-Darm-Traktes. Die Wirksamkeit von Schöllkraut bei der Behandlung von krampfartigen Beschwerden im Bereich der Gallenwege und des Magen-Darmtraktes infolge funktioneller Störungen des ableitenden Gallensystems konnte in mehreren plazebo-kontrollierten und nicht-kontrollierten Studien gesichert werden. In der Volksheilkunde auch bei Gallenblasenentzündungen und Gallensteinleiden sowie zur Behandlung von Warzen (antimitotische Wirksamkeit von Chelidonin und proteolytisch wirkender Enzyme).
Gegenanzeigen: Spezifische Kontraindikationen bestehen nicht. Wie sämtliche Choleretika darf Schöllkraut nicht bei schweren Leberfunktionsstörungen, Gelbsucht, Gallensteinerkrankungen, Verschluss der Gallenwege, Gallenblasenpyemen, Vorhandensein eines frischen Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwürs und  Ileus angewendet werden. Zusätzlich sollte die Droge auch bei sonstigen aktuellen oder in der Vorgeschichte bestehenden Lebererkrankungen sowie bei gleichzeitiger Anwendung leberschädigender Stoffe nicht angewendet werden.
Unerwünschte Wirkungen: In seltenen Fällen können Magen-Darm-Beschwerden auftreten. In Einzelfällen ist während der Behandlung mit Schöllkrautextrakten ein Anstieg von Leberenzymaktivitäten und der Bilirubinkonzentration bis hin zu einer reversiblen medikamentös-toxischen Hepatitis beobachtet worden. Nach Absetzen des Arzneimittels normalisieren sich die Werte und eventuell bereits aufgetretene Symptome bilden sich wieder zurück. Ungeachtet dessen sollten bei einer 4 Wochen überschreitenden Anwendung die Leberfunktionswerte (Transaminasen) kontrolliert werden.
Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.
Dosierung und Art der Anwendung: In Form verschiedener Zubereitungen einer mittleren Tagesdosis von 2-4 g Droge bzw. 12-30 mg Gesamtalkaloide entsprechend. Zur Teebereitung 1,5 Esslöffel getrocknetes Kraut mit 1 l kochendem Wasser übergießen und 10 min ziehen lassen. Als Infus 15 g getrocknetes Kraut auf 1 l Wasser und 10 min ziehen lassen.


Bilder:

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Blühende Pflanze: Neben der Blüte zeigt die Abbildung die charakteristischen, gefiederten Laubblätter mit den unsymmetrischen, buchtig eingeschnittenen / gekerbten Fiedern.
wpe2.jpg (3290 Byte) Blühende Pflanze: Zu erkennen sind die sich bereits entwickelnden Schotenfrüchte, der für die Art typische doldige Blütenstand sowie bei der unteren, noch geschlossenen Blüte die zwei Kelchblätter, die sofort nach dem Aufblühen abfallen.
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Blüte: Die Kelchblätter sind sehr schnell hinfällig und bei einer aufgeblühten Blüte, so auch der abgebildeten, nicht mehr vorhanden. Zu erkennen ist neben der vierzähligen Krone und den zahlreichen Staubblättern der Fruchtknoten, welcher bereits die äußere Gestalt der sich später daraus entwickelnden Schotenfrucht aufweist.


Literatur: Boegge SC, Kesper S, Verspohl EJ, Nahrstedt A, Reduction of ach-induced contraction of rat isolated ileum by coptisine, (+)-caffeoylmalic Acid, Chelidonium majus, and Corydalis lutea extracts, Planta Medica 62 (1996): 173-174; Europäisches Arzneibuch, 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Band 4, Drogen A-D, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1993; Hiller K, Ghorbani M, Schilcher H, Antispasmodic and relaxant activity of chelidonine, protopine, coptisine, and Chelidonium majus extracts on isolated guinea-pig ileum, Planta Medica 64 (1998): 758-760; Ko FN, Wu TS, Lu YC, Huang TF, Teng CM, Ca2+-Channal blockade in rat thoracic aorta by protopine isolated from Corydalis Tubers, Jap. J. Pharmacol. 58 (1992): 1-9; Kustrak D, Petricic J, Kalodera Z, Holik L, Seasonal changes in the alkaloid contents in celandine (Chelidonium majus L.), Acta Pharm. Jugosl. 32 (1982): 225-230; Lin WC, Chang HL, Relaxant effects of berberine on the rat fundus, Res. Comm. Mol. Path. Pharm. 90 (1995): 333-346; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 90 vom 15.05.1985; Piacente S, Capasso A, De Tommasi N, Jativa N, Pizza C, Sorrentino L, Different effects of some isoquinoline alkaloids from Argemone mexicana on electrically induced contractions of isolated guinea-pig ileum, Phytotherapy Res. 11 (1997): 155-157; Vahlensieck U, Hahn R, Winterhoff H, Gumbinger HG, Nahrstedt A, Kemper FH, The effect of Chelidonium majus herb extract on choleresis in the isolated perfused rat liver, Planta Medica 1995; 61:267-270.


© Thomas Schöpke